So langsam kommt man in das Alter, in dem man Orte aus alten Kindertagen besucht und Erinnerungen an Urlaube mit den Eltern oder längst vergessene Kinderferienlager freiwillig wieder auffrischt. Und so führte uns der Weg an einem sonnigen Nachmittag direkt nach Storkow – einem kleinen beschaulichen Örtchen – in dem ich viel Zeit verbracht habe, als ich noch Seitenzöpfe trug.

Storkow ist eine 9.000 Seelengemeinde und liegt mitten im Naturpark Dahme-Heidesee, einer wunderschönen Naturkulisse aus Sümpfen, Seen und Wäldern. Mit der ersten urkundlichen Erwähnung Anfang des 13. Jahrhunderts gehört Storkow zu den ältesten Orten von Brandenburg und war zu Zeiten des Hochmittelalters eine der bedeutendsten Siedlungen an der Handelsstraße zwischen Barnim und Leipzig. Historisch ist Storkow geprägt von ränkesüchtigen Herren, reichen Bischöfen, allerlei Adelsfamilien, brandenburgischen Kurfürsten, preußischen Königen und deutschen Kaisern, einem Bürgermeister der nach einem erfolglosen Attentat auf den preußischen König – Friedrich Wilhelm IV. – geköpft wurde, Bleicher-, Werber- und Färberfamilien sowie vom industriellen Aufwind zu Zeiten von Margot und Erich Honecker.

Wenn ich in meinen ganz persönlichen Erinnerungen krame, dann steht Storkow für schier nicht enden wollende Wanderurlaube und Waldspaziergänge mit den Eltern, sogenannte Pilzurlaube – 5 Tage nonstop Pilze sammeln, lustige Badenachmittage am Storkower oder Bugker See, unerlaubtes Betreten von NVA-Gebiet und einem gefährlichen Zusammentreffen mit der Majestät der brandenburgischen Wälder, dem deutschen Wildschwein, sowie Unmengen vom feinsten Softeis und inoffizielle Meisterschaften in Springseil-Akrobatik auf dem Marktplatz von Storkow.

Aus heutiger Sicht ist Storkow ein kleiner Brandenburger Rohdiamant mit einer Altstadt, die nicht mit prunkvollen Fachwerkhäusern oder neugotischen Kirchen überzeugt, sondern mit einer ganz besonderen Einfachheit. Der Marktplatz ist ein gemütliches Plätzchen, das umringt von brandenburgischen Laubbäumen zum Verweilen einlädt. Um ehrlich zu sein, wirkt Storkow an einem Freitagnachmittag im Fastfrühling etwas verschlafen und ein klein wenig verlassen, aber das macht die Atmosphäre auch so einzigartig. Mein Tipp an dieser Stelle: Nach einer kleinen Nachmittagsentspannung auf einer der Parkbänke unbedingt einen Spaziergang durch Storkow machen, es lohnt sich wirklich. Die kleinen Gassen und lustigen ein- bis zuweilen zweistöckigen Häuser sind es wirklich wert.


Die Hauptattraktion von Storkow ist unumstritten die liebevoll restaurierte Burg Storkow. Die Burg Storkow wurde Mitte des 12. Jahrhunderts an Stelle einer sogenannten slawischen Sumpfburg erbaut. Erstmals wurde die Burg Storkow 1209 erwähnt. Vorerst im Besitz der Familie von Strehla ging die Burg der Erbfolge nach in den Besitz der Herren von Biberstein über, die die Burg Storkow an den Bischof von Bülow verpfändeten. Die Burg Storkow wurde zu einer bischöflichen Residenz umgebaut. Nach dem Tod des letzten Bischof von Lebus ging die Burg Storkow endgültig in das Fürstentum von Brandenburg über. Die im Dreißigjährigen Krieg stark zerstörte Burg wurde als kleines Residenzschloss wieder aufgebaut. Nach einem erneuten Brand ließ der preußische Architekt Johann Emil Schaudt die Burg Storkow im historisch romantischen Stil umbauen. Danach war die Burg ein Jugenddomizil der Hitlerjugend und wurde nach Ende der Kriegswirren als Dienststelle für die Gemeindeverwaltung genutzt. 1978 zerstörte ein Großbrand die Burg Storkow fast bis auf die Grundmauern. Lange wurde die Ruine der Burg Storkow dem sukzessiven Verfall überlassen und erst Anfang des 21. Jahrhunderts wurde mit dem schrittweisen Wiederaufbau der Burg begonnen.


Im Jahr 2009 fand die feierliche Wiedereröffnung der Burg statt – pünktlich zur 800-Jahrfeier der Burg und der Stadt Storkow. Entstanden ist ein einzigartiges Bauwerk der Zeitgeschichte. Die Verschiedenartigkeit der einzelnen Gebäudeteile ist wirklich beeindruckend und auf jeden Fall einen Besuch wert. Heute beherbergt die Burg Storkow das Besucherinformationszentrum des Naturparks Dahme-Heideseen und die Dauerausstellung „Mensch und Natur – Eine Zeitreise“ – eine beeindruckende Ausstellung, die einem mit allerlei Infotafeln, multimedialen Elementen und lustigen Exponaten das Leben, die Natur und Umwelt im Naturpark näher bringt. Gerade für einen Familienausflug sehr geeignet, denn auch die Kleinen kommen hier auf jeden Fall auf ihre Kosten. Mein absolutes Highlight! Neben einem kleinen Burgcafé werden einem jede Menge kleine und große Konzerte, Theateraufführungen oder wechselnde Ausstellungen geboten. Betreut und beraten wird man hier ausgesprochen nett und neben Themen rund um die Burg bekommt auch den einen oder anderen Geheimtipp in der näheren Umgebung. Mehr zu den Öffnungszeiten, Veranstaltungen und Ausstellungen der Burg Storkow findet ihr auf der Webseite der Stadt Storkow.

Wer also ein Ausflugsziel für einen Nachmittagsspaziergang oder für einen kleinen Familienausflug sucht – mein Tipp: Storkow!

Storkow erreicht man mit dem Auto in einer guten Stunde über die A10 bis Autobahndreieck Spreeau und dann weiter auf der A12 bis Ausfahrt Storkow.

Mit der Bahn fährt man am besten ab S-Bahnhof Schöneweide mit dem Regio ODEG 36 direkt bis zum Bahnhof Storkow (Markt). Die Fahrt dauert rund 90 Minuten.

Quellen: Stadt Storkow und Tourismuszentrum Burg Storkow

2 Antworten

  1. Schöner Artikel und gut recherchiert! Freut mich, dass Ihr meine alte Heimat besucht habt und einen „zweinulligen“ Gruß von dort in Eurem Blog hinterlassen habt.

  2. Schöner, liebevoller Beitrag über meine alte Heimatstadt (1965-1982).
    Schöne Bilder, das weckt Erinnerungen.

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